Ich habe im Ausland schon alles mögliche gelernt, Dinge über dieses Land, über die Leute hier, über die Kultur und die Geschichte. Praktische Dinge, wie die Bedienung einer Waschmaschine, den Palstek-Knoten und wie man ein Segelboot halbwegs gerade steuert.
Aber vor allem habe ich gelernt, was zählt. Was wirklich zählt im Leben.
Ich hatte in diesem Jahr mit beiden meinen Gastfamilien nicht wirklich Glück. Die erste hatte ich ja bereits nach zwei Monaten in Lettland gewechselt, weil es überhaupt nicht gut lief, und ich bin bis jetzt immer noch in der zweiten, die eigentlich nur einer Übergangsfamilie sein sollte (das bedeutet man kann dort wohnen, bis eine neue Familie gefunden wird), und abgesehen davon, dass ich hier im Wohnzimmer auf der Couch wohne (es ist immerhin eine ausklappbare Schlafcouch, aber darauf 6 Monate zu schlafen grenzt trotzdem an Folter - vor allen weil man nach zwei Monaten quasi auf dem Gestell schläft), kümmert sich auch überhaupt keiner (mal abgesehen von meinem Gastvater) um mich - es wird kaum mit mir gesprochen, und wenn dann nur Englisch - obwohl ich es immer und immer wieder versuche, Gespräche auf Lettisch anzufangen, oft ist kein/kaum Essen im Haus, wir essen auch nur sehr selten zusammen etc., ...
Während andere Austauschschüler ihre Gasteltern mittlerweile Mama und Papa nennen, fühle ich mich eher wie ein Mitbewohner, der halt das eine Jahr lang von dieser Familie ertragen wird.
Da der YFU-Lettland-Chef jedoch bei meinem ersten Wechsel gesagt hat, bei der nächsten Familie dürfe ich mich nicht beschweren, es würde nämlich nicht noch einen Wechsel geben, habe ich das bis jetzt hingenommen. Mittlerweile habe ich erkannt, dass das sehr dumm war, denn 1. hatte der Chef damals gelogen - ein anderes Mädchen hat jetzt auch schon die dritte Familie, und 2. habe ich mir so einen Teil meines Auslandsjahres viel schlechter gemacht, als er hätte sein müssen.
Dies soll jedoch kein Beschwerde-Eintrag werden, aber nun habe ich meine Situation einmal geschildert. Auch an negativen Erfahrungen wächst man, und man lernt viel davon. Um es in den Worten von Forrest Gump auszudrücken: Shit happens.
Zurück zum Titel dieses Eintrags. Was zählt.
Was zählt ist die Familie. Und ich rede hier nicht von den eher unangenehmen ,,Familien'' in Lettland - ich rede von meiner Familie zuhause. Jedes mal, wenn es mir hier mal schlecht geht, denke ich daran, wie viele tolle Menschen daheim hinter mir stehen, und mich unterstützen. Meine Eltern, Geschwister, Tanten, Onkels, Cousinen, Cousins, und natürlich auch die Verwandten, deren Verwandtschaftsgrad ich nicht aufgezählt habe. Ihr seid super! Ich freue mich schon auf meine Rückkehr nach Deutschland, wegen euch.
Was zählt sind auch die Freunde. Hier rede ich zum einen von den Freunden, die ich hier in Lettland gefunden habe, die meisten sind selber Austauschschüler, jedes mal wenn ich hier in Schwierigkeiten stecke, habe ich jemanden zum reden, wir unternehmen viel zusammen, haben viel Spaß. Und ich rede auch von den Freunden, die ich in Deutschland zurücklassen musste, ich vermisse euch! Einen Teil dieser Freunde muss ich bald gehen lassen, den anderen Teil werde ich bald (endlich) wiedersehen.
Es ist ziemlich egal, in was für einem Bett man schläft, oder was es zu Mittag gibt, solange man Menschen hat, die für einen da sind, Menschen die einen mögen.
Danke euch ♥
Und falls sich jemand Sorgen macht, weil ich in meiner momentanen Familie nicht wirklich glücklich bin: ich bin einfach so viel es geht mit Freunden unterwegs, in der Stadt, in Parks, am Meer, Tee trinken usw., ich bin also gar nicht so viel zuhause.
Und für den letzten Monat, die Ferien, habe ich es geschafft, dass ich zu meiner Freundin Amanda (aus Chile) und ihrer Gastfamilie ziehen darf. In ca. 12 Tagen ziehe ich um, und so lange halte ich es hier auf jeden Fall noch aus, und dann werde ich diesen Monat mit Menschen zusammen leben, die mich wirklich mögen - sie haben mich nämlich von sich aus eingeladen. Ich war schon oft dort, und fühle mich dort zum ersten mal in Lettland wirklich ,,daheim''.
Habt einen schönen Sonntag, eine schöne Woche, und (wenn ich da mit dem Termin richtig liege, in Lettland gibt es das nicht) schöne Pfingstferien!
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